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Foto von© Tilman Schenk

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Postadresse
Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf
Besucheradresse
Ulenbergstraße 127, 40225 Düsseldorf
Gebäude: 37.03
Etage/Raum: 3.16
Nordrhein-Westfalen Bundesrepublik Deutschland
+49 211 81-14396
https://www.sozwiss.hhu.de/institut/abteilungen/soziologie/soziologie-iv/bjarne-goldkuhle

Forschungsschwerpunkte

  • Rassismuskritik, Cultural- und Postcolonial Studies, Poststrukturalismus
  • Antisemitismus
  • Wissenschaftstheorie
  • Materialistische Gesellschaftstheorie

Lehre

  • Vertiefungsseminar Materialist Theories on Racism (englischsprachig; Sommersemester 2023)
  • Vertiefungsseminar Einführung in die Marxsche Theorie (Sommersemester 2022)
  • Vertiefungsseminar Postmoderne und Poststrukturalistische Ansätze der Soziologie
    (Wintersemester 2021/2022)

Beruflicher Werdegang

  • Seit 02/2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • 10/2018 - 03/2021: wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Sozialtheorie der Ruhr-Univsersität Bochum
  • 10/2017 - 09/2018: Tutor in der Sektion Soziologie der Ruhr-Universität Bochum
  • 10/2016 - 02/2020: Studium der Sozialwissenschaft (M.A.) an der Ruhr-Universität Bochum
  • 10/2011 - 09/2016: Studium der Soziologie (B. A.) an der Universität Duisburg-Essen

Forschung/Promotionsprojekt

  • Seit 03/2020: Theoretische Promotion
  • Erstbetreuer: Prof. Dr. Jürgen Straub
  • Zweitbetreuer: Prof. Dr. Karim Fereidooni (beide Ruhr-Universität Bochum)

Publikationen

  • 12/2020 (als Mitherausgeber): Straub, J., Plontke, S., & Goldkuhle, B. (Hrsg.) (2020): Hans Kilian. Gesammelte Schriften. Band 7: Politische Psychologie und politische Bildung. Gießen: Psychosozial.

Vorträge

  • "Rassistische Formen des Antisemitismus. Versuch einer begrifflichen Neubestimmung im Angesicht einer polarisierten Debatte". Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Bielefeld. 26. - 30. September 2022.
  • "In Hiding?The displacement of German Jews from digital and analog spaces". Annual Meeting of the American Sociological Association. Los Angeles. 5. - 9. August 2022. (mit Niklas Herrberg)

Abstract Promotionsvorhaben

Das hier dargestellte Promotionsvorhaben besteht in einer theoretisch-kritischen Analyse der an postkolonialer Theorie orientierten „Rassismuskritik“, die in den letzten Jahren eine immense Verbreitung in Wissenschaft und öffentlichem Diskurs erfahren hat. Diese Form der Rassismuskritik beansprucht — anders als z. B. die Vorurteilsforschung —, Rassismus als ein genuin gesellschaftliches Phänomen zu begreifen, das sich nicht auf individuelle Vorurteile (vieler) Einzelner reduzieren lässt. Demgegenüber basiert postkoloniale Rassismuskritik grundlegend auf der diskurstheoretischen Machtkritik Michel Foucaults, die wiederum vom genuin machtvollen Charakter diskursiver bzw. gedanklicher Phänomene wie Rassismus ausgeht. Historisch verortet sich postkoloniale Rassismuskritik explizit in „postkolonialen“ Gesellschaften, die nach dem Ende des Kolonialismus insbesondere durch Migration und „Multikulturalismus“ geprägt begriffen werden und in denen offen artikulierter und politisch praktizierter Rassismus (z. B. in Form einer biologistischen „Rassenlehre“) als geächtet gelten. Dennoch geht postkoloniale Rassismuskritik von einer „Allgegenwart“ des Rassismus aus, welcher dementsprechend eher subtil in Form „systemischen“, „strukturellen“ und „institutionellen Rassismus“ wirke.

 Die zentrale These der Promotionsarbeit ist, dass postkoloniale Rassismuskritik letztlich in eine Ontologisierung des Rassismus verfällt. Rassismus, der auch von postkolonialer Rassismuskritik als Konstruktion, d. h. als gedankliche Leistung aufgefasst wird, erhält die Qualität einer der gesamten Gesellschaft vorgeordneten Macht, die bestimmend auf Individuen wie auch auf gesellschaftliche Institutionen wirke und darüber vermittelt zwangsläufig rassistische Resultate hervorbringe. Den einzelnen Individuen gegenüber besteht diese Ontologisierung des Rassismus in der Annahme rassistischer Subjektivierung, die jenen gegenüber einerseits Möglichkeiten, zugleich aber auch rigide Schranken des Selbst-, Fremd- und Weltverhältnisses konstituiere. Bereits auf epistemologischer Ebene mache Rassismus (z. B. in Form „rassistischen Wissens“) sich somit als (Selbst-) Beschränkung des Denkens geltend, sodass angesichts des übermächtigen Diskurses fatalistisch die Möglichkeit freien Denkens und kritischer Distanz bestritten wird. Auch die Überschreitung der Grenzen zwischen verschiedenen „Identitäten“ oder „Subjektpositionen“ wird so für unmöglich erklärt. Der ontologische Status von Rassismus besteht hier also gewissermaßen in seiner Wirkung als „epistemische Schranke“. Gesellschaftlichen Institutionen wie dem Bildungssektor oder dem Arbeitsmarkt gegenüber wirke Rassismus primär in Form „rassistischer Dispositive“, d. h. mit institutioneller Macht verbundenen rassistischen Wissens. Vermittelt über institutionelle Prozesse (soziale Schließung, Diskriminierung usw.) ergebe sich hieraus eine insgesamt rassistische Strukturierung der Gesellschaft mitsamt ihrer Macht- und Ungleichheitsverhältnisse. Auf dieser Ebene wird Rassismus folglich die Rolle einer sozialen Ontologie zugeschrieben, deren Wirkungen man schlicht und undifferenziert „überall“ in der Gesellschaft beobachten könne, was u. a. in Form des Kriteriums ungleicher Repräsentation verschiedener Gruppen innerhalb der sozioökonomischen Hierarchie evident ist.

 Anhand verschiedener Positionen und Konzepte aus dem Feld postkolonialer Rassismuskritik rekonstruiert das Vorhaben aus einer materialistischen Perspektive diese Tendenzen sowie ihre theoretischen Schwächen. Auch Rezeptionen materialistischer Theorien durch VertreterInnen und StichwortgeberInnen postkolonialer Rassismuskritik werden dabei differenziert betrachtet und auf Spannungen und (Un-)Verträglichkeiten mit ebenjener untersucht. Der idealistischen Grundannahme „machtvoller Diskurse“ wird hierbei die Einsicht gegenübergestellt, dass Denkformen wie Rassismus stets bestimmten materiellen Verhältnissen entspringen, sich in ihnen reproduzieren und mit ihnen verändern. Wird Rassismus dagegen zu einer Art vorgängigen „Superstruktur“ ontologisiert, entzieht man ihm gerade den Status eines gesellschaftlichen Phänomens, das sich immer in konkreten Gesellschaften herausbildet bzw. reproduziert sowie ebenso gesellschaftlich kritisiert werden kann. Aus epistemologischem Fatalismus oder durch die Voraussetzung von Rassismus im Kriterium der Analyse konkreter Gesellschaften wird im Rahmen postkolonialer Rassismuskritik eine übergreifende (erfolgreiche) Kritik des Rassismus vielmehr selbst undenkbar. Auf Grundlage dieser Überlegungen zu Wirkung und Reproduktion von Rassismus lassen sich sodann auch die theoretischen „Aporien“ sowie die kritisch-praktischen Ansätze postkolonialer Rassismuskritik beurteilen. Wo erstere die „Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein“ bisweilen in die Unmöglichkeit überhöhen, proklamieren letztere mittels politischer Instrumente wie „Diversity Management“ und „affirmative action“ dem (vermeintlichen) „Hauptwiderspruch“ Rassismus beikommen zu können.

Verantwortlichkeit: