Seit wann gibt es den Wahl-O-Mat und wie oft wurde er eingesetzt?
Erstmals wurde das Online-Tool für die Bundestagswahl 2002 entwickelt. Der Bekanntheitsgrad schnellte durch die Vorstellung des Wahl-O-Mat in der Harald-Schmidt-Show in die Höhe. Den Online-Angeboten von z.B. Spiegel und Stern wurden Nutzungsrechte gewährt, so dass bereits der erste Wahl-O-Mat bis zum Tag der Bundestagswahl am 21. September 2002 mehr als 3,6 Millionen Mal gespielt wurde. Seitdem wurde er bei den Wahlen zum Bundestag 2005, 2009, 2013, 2017 und 2021, den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004, 2009, 2014, 2019 und 2024 sowie bei zahlreichen Landtagswahlen eingesetzt. Insgesamt wurde das Tool somit zu mehr als 50 Wahlen angeboten. Mit mehr als 6,7 Millionen Nutzerinnen und Nutzern 2009, 13,3 Millionen Nutzungen im Jahr 2013 sowie 15,7 Millionen Nutzungen im Jahr 2017 erreichte der Wahl-O-Mat seine vorläufigen Höchstwerte. Übertroffen wurden diese Werte bei der aktuellen Bundestagswahl 2021 mit 21 Millionen Nutzungen. Keine Version wurde bisher häufiger genutzt.
Jahr | Wahl | Anzahl der Nutzungen (Ergebnisanzeigen) |
2024 | Europawahl | 14 840 000 |
2023 | Landtagswahl Hessen | 1 308 000 |
2023 | Landtagswahl Bayern | 2 515 000 |
2023 | Bürgerschaftswahl Bremen | 176 000 |
2023 | Abgeordnetenhauswahl Berlin | 336 000 |
2022 | Landtagswahl Niedersachsen | 903 000 |
2022 | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | 1 470 000 |
2022 | Landtagswahl Schleswig-Holstein | 330 000 |
2022 | Landtagswahl Saarland | 130 000 |
2021 | Bundestagswahl | 21 300 000 |
2021 | Abgeordnetenhauswahl Berlin | 1 027 000 |
2021 | Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern | 306 000 |
2021 | Landtagswahl Sachsen-Anhalt | 431 000 |
2021 | Landtagswahl Baden-Württemberg | 1 862 000 |
2021 | Landtagswahl Rheinland-Pfalz | 616 000 |
2020 | Bürgerschaftswahl Hamburg | 333 000 |
2019 | Landtagswahl Thüringen | 236 000 |
2019 | Landtagswahl Brandenburg | 314 000 |
2019 | Landtagswahl Sachsen | 589 000 |
2019 | Europawahl | 9 824 000 |
2019 | Bürgerschaftswahl Bremen | 253 000 |
2018 | Landtagswahl Hessen | 1 061 000 |
2018 | Landtagswahl Bayern | 2 779 000 |
2017 | Bundestagswahl | 15 700 000 |
2017 | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | 2 614 000 |
2017 | Landtagswahl Schleswig-Holstein | 563 000 |
2017 | Landtagswahl Saarland | 297 000 |
2016 | Abgeordnetenhauswahl Berlin | 1 113 000 |
2016 | Landtagswahl Baden-Württemberg | 1 856 000 |
2016 | Landtagswahl Rheinland-Pfalz | 717 000 |
2016 | Landtagswahl Sachsen-Anhalt | 488 000 |
2015 | Bürgerschaftswahl Bremen | 146 000 |
2015 | Bürgerschaftswahl Hamburg | 332 000 |
2014 | Landtagswahl Brandenburg | 121 000 |
2014 | Landtagswahl Thüringen | 107 000 |
2014 | Landtagswahl Sachsen | 283 000 |
2014 | Europawahl | 3 890 000 |
2013 | Bundestagswahl | 13 270 000 |
2013 | Landtagswahl Bayern | 1 180 000 |
2013 | Landtagswahl Niedersachsen | 604 000 |
2012 | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | 1 270 000 |
2012 | Landtagswahl Schleswig-Holstein | 255 000 |
2012 | Landtagswahl Saarland | 172 000 |
2011 | Abgeordnetenhauswahl Berlin | 516 000 |
2011 | Bürgerschaftswahl Bremen | 106 000 |
2011 | Landtagswahl Baden-Württemberg | 985 000 |
2011 | Landtagswahl Rheinland-Pfalz | 308 000 |
2011 | Bürgerschaftswahl Hamburg | 315 000 |
2010 | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | 650 000 |
2009 | Bundestagswahl | 6 740 000 |
2009 | Europawahl | 1 585 000 |
2008 | Bürgerschaftswahl Hamburg | 94 000 |
2008 | Landtagswahl Niedersachsen | 215 000 |
2007 | Bürgerschaftswahl Bremen | 49 000 |
2006 | Abgeordnetenhauswahl Berlin | 145 000 |
2006 | Landtagswahl Sachsen-Anhalt | 47 000 |
2006 | Landtagswahl Rheinland-Pfalz | 74 000 |
2006 | Landtagswahl Baden-Württemberg | 140 000 |
2005 | Bundestagswahl | 5 200 000 |
2005 | Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | 313 000 |
2005 | Landtagswahl Schleswig-Holstein | 90 000 |
2004 | Landtagswahl Sachsen | 72 000 |
2004 | Landtagswahl Saarland | 38 000 |
2004 | Europawahl | 897 000 |
2003 | Landtagswahl Bayern | 97 000 |
2002 | Bundestagswahl | 3 600 000 |
Quelle: Wahl-O-Mat Archiv der bpb, https://www.bpb.de/politik/wahlen/wahl-o-mat/45484/archiv
Was ist die Grundidee des Wahl-O-Mat?
Der Wahl-O-Mat stellt seinen Nutzerinnen und Nutzern 38 Thesen aus verschiedenen Themenfeldern vor, zu denen sich mit "stimme zu", "neutral" und "stimme nicht zu" positioniert werden kann. Der Wahl-O-Mat gleicht diese Standpunkte mit denen der zur Wahl zugelassenen Parteien ab. Aus Abweichungen und Übereinstimmungen wird die Nähe zu den einzelnen Parteien ermittelt und angezeigt. Für jede Wahl wird ein eigener Wahl-O-Mat entwickelt, der jeweils einige Wochen vor dem Urnengang ins Internet gestellt wird. Das Copyright liegt bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Was sind die Ziele?
Neben Informationen über wesentliche und unterscheidbare Inhalte der Parteien dient der Wahl-O-Mat als ein Instrument zur Förderung politischer Kommunikation. Anschlusskommunikation als Austausch (auch gerade in sozialen Gruppen wie Schule, Familie, Arbeitsplatz) kann zur politischen Meinungsbildung vor Wahlen beitragen. Aber weit über den konkreten Wahlgang hinaus soll die Auseinandersetzung mit Politik gefördert werden. Das geweckte Interesse an den Inhalten stellt idealer Weise eine Basis für die Aneignung individueller Standpunkte dar.
Wo liegen die Wurzeln des Wahl-O-Mat?
In den Niederlanden wurde 1985 vom Instituut voor Publiek en Politiek (IPP) in Amsterdam der "StemWijzer" als Instrument der politischen Bildung entwickelt. Anfangs als Papierversion, später in digitaler Form auf Disketten und seit 1998 im Internet funktioniert er wie der Wahl-O-Mat und wird im Vorfeld verschiedener Wahlen online gestellt. Allein vor den Wahlen der zweiten Kammer 2017 wurde er ca. 7 Millionen Mal gespielt. Angesichts einer Bevölkerungszahl von 17,2 Millionen Menschen in den Niederlanden ein herausragender Wert.
Gibt es auch in anderen Ländern vergleichbare Tools?
Neben dem wohl erfolgreichsten "VAA" (Voting Advice Application) StemWijzer in den Niederlanden (s. Wo liegen die Wurzeln des Wahl-O-Mat?) finden sich vergleichbare Projekte inzwischen auch in vielen anderen Ländern. So haben sich VAAs in Europa in fast allen Ländern etabliert - mitunter gibt es sogar mehrere Tools für ein Land (z.B. in den Niederlanden oder Deutschland). Auch zu den transnationalen Wahlen in Europa gibt es inzwischen verschiedene Tools, die regelmäßig angeboten werden. Darüber hinaus finden sich Tools auch für Staaten in Nord- und Südamerika sowie vereinzelt in Afrika (v.a. im Zuge des Arabischen Frühlings) und einigen wenigen asiatischen Staaten. Eine Länderübersicht zu den existierenden Voting Advice Applications finden Sie in der Rubrik "Links".
Ist der Wahl-O-Mat unabhängig und neutral?
Parteipolitische Neutralität ist oberstes Gebot. Die Bundeszentrale für politische Bildung (Trägerin des Wahl-O-Mat) erfüllt einen staatlichen Bildungsauftrag, dessen Einhaltung durch einen wissenschaftlichen Beirat garantiert wird. Zudem verfolgt die Bundeszentrale für politische Bildung keinerlei finanzielle Interessen. Die Erstellung des Wahl-O-Mat erfolgt in Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen (Landesjugendringen und Landeszentralen für politische Bildung) und wird kontinuierlich von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern begleitet. Dieses schließt ausdrücklich die genaue Kontrolle nicht-beabsichtigter verzerrender Effekte mit ein. Die Unabhängigkeit des Wahl-O-Mat (sowohl inhaltlicher als auch gestalterischer Natur) auch von ökonomischen Interessen ist gewahrt.
Gibt es Qualitätsstandards für die Thesen?
Die Thesen werden auf ihre Relevanz geprüft und anhand vorliegender Wahlprogramme entwickelt. Bevor die Positionen der Parteien in den Wahl-O-Mat eingespeist werden, wurden sie von den jeweiligen Parteivorständen/Geschäftsführungen autorisiert. Nur wenn die Unterscheidbarkeit der Positionen gegeben ist, ist die These geeignet, um in den Wahl-O-Mat aufgenommen zu werden.
Wer entwickelt die Thesen?
Eine Gruppe von etwa 10-25 jungen Menschen, die meist noch zur Schule gehen, eine Ausbildung absolvieren oder studieren. Darunter finden sich politisch interessierte Erstwählerinnen und Erstwähler. Unter Beteiligung eines Wahl-O-Mat-Teams aus Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftlern, Pädagoginnen und Pädagogen, Statistikerinnen und Statistikern, Organisatorinnen und Organisatoren, IT-Fachleuten sowie unter Beratung von Journalistinnen und Journalisten werden auf Grundlage vorliegender Wahlprogramme Thesen entwickelt. Der Wochenend-Workshop findet im jeweiligen Bundesland statt und bringt alle Beteiligten – normalerweise in Persona – zusammen. Bedingt durch die Corona-Pandemie trafen sich die Beteiligten 2020 erstmals online, um das Tool für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu entwickeln.
Wie werden die Thesen ausgewählt?
In einem ersten Schritt erstellt die Redaktionsgruppe etwa 100 Thesen, die nach Kriterien wie Eindeutigkeit, politischer Relevanz, Ausgewogenheit zwischen den Parteien, Präzision und Verständlichkeit zu einer Longlist von etwa 80 Thesen reduziert werden. Nachdem die Parteien Stellung bezogen haben, werden die Thesen mit einem statistischen Verfahren auf hinreichende Unterscheidbarkeit untersucht, was den Wegfall weiterer Thesen nach sich zieht. Abschließend werden 38 Thesen (gleichmäßig über Themenfelder verteilt) ausgewählt und in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht.
Ist der Wahl-O-Mat ein Online-Spiel?
Ja und Nein. Der erste Zugang ist oft ein spielerischer, der dann in einem zweiten Schritt in eine ernsthafte Auseinandersetzung münden kann. Dies zu ermöglichen ist in Inhalt und Gestaltung des Angebots berücksichtigt und durch die Möglichkeit, zwischen den Positionen der Nutzerinnen und Nutzern sowie der Parteien zu vergleichen, angeregt. Zur Konzentration auf das Wesentliche ist eine benutzerfreundliche und leicht bedienbare Oberfläche (ohne grafische und inhaltliche Ablenkungen) unabdingbar. Auch wenn eine überwältigende Anzahl an Wahl-O-Mat-Userinnen und Usern angibt, es hätte Spaß gemacht, die Anwendung zu bedienen, heißt das nicht, dass geringere Maßstäbe an Transparenz oder Seriosität akzeptabel wären.
Wie läuft eine Wahl-O-Mat Sitzung ab?
In einer festgelegten dramaturgisch sinnvollen Reihenfolge wird die Userin oder der User mit den Thesen konfrontiert, die er mit "stimme zu", "neutral" oder "stimme nicht zu" beantwortet. Zudem besteht die Möglichkeit, Thesen zu überspringen. Bevor der Wahl-O-Mat das Ergebnis anzeigt, können einzelne Thesen zur doppelten Gewichtung per Mausklick markiert und anschließend die antretenden Parteien ausgewählt werden. Dies kann einerseits, nach eigenem Belieben, für jede Partei einzeln erfolgen. Andererseits können auch die im Parlament vertretenden Parteien oder sogar alle zur Wahl antretenden Parteien gleichzeitig – mit einem Klick – ausgewählt werden. Nachdem eine Parteienliste in der Reihenfolge der Nähe zu den eigenen Positionen angezeigt wird, kann die Übereinstimmung oder Abweichung mit den Parteien in jedem Punkt geprüft werden. Über einen Info-Button können weiterführende Informationen zu den Themen abgerufen werden, es besteht die Möglichkeit, Begründungen der Parteien zu ihren Positionen einzusehen und seit 2020 können überdies auch nachträglich noch Änderungen an den Gewichtungen und Positionen vorgenommen sowie die Positionen der Parteien zu einzelnen Thesen verglichen werden. Nutzerinnen und Nutzer sehen somit, welchen Einfluss eine mögliche Veränderung auf ihr Ergebnis hat.
Wie rechnet der Wahl-O-Mat?
Für jede Abweichung zwischen der Partei und der Position der Userin oder des Users erhält die jeweilige Partei einen Punkt. Die Partei mit den wenigsten Punkten ist der Position der Nutzerin oder des Nutzers in Bezug auf die abgefragten Thesen am nächsten, die mit den meisten am fernsten. Für die Differenz zwischen "stimme zu" und "stimme nicht zu" erhält die Partei zwei Punkte. Kommt die Bewertung "neutral" auf Seiten der Userin, des Users oder der Partei vor, wird nur ein Punkt vergeben – es sei denn beide Seiten stimmen "neutral", dann erhält die Partei wie auch bei anderer Übereinstimmung keinen Malus in Form von Punkten. Bei Thesen, welche die Nutzerin oder der Nutzer besonders gewichtet, verdoppeln sich die Punkte auf bis maximal vier pro These.
Was wird als Ergebnis angezeigt?
Die Parteien werden in Reihenfolge von der niedrigsten zur höchsten Punktzahl angezeigt. Die Partei mit der höchsten Punktzahl ist am deutlichsten von den Ansichten der Userin oder des Users entfernt. Neben der Reihenfolge zeigt der Wahl-O-Mat anhand eines Balkendiagramms auch den Grad der Übereinstimmung zu den jeweiligen Parteien an. Ein Detailvergleich erlaubt Einblick, an welchen Fragestellungen die Differenzen zu den Parteien entstanden sind.