Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf
Besucheradresse
Ulenbergstraße 127, 40225 Düsseldorf Gebäude: 37.03
Etage/Raum: 3.16
Nordrhein-Westfalen Bundesrepublik Deutschland
Seit 04/2020: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Soziologie IV (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
01/2021 bis 12/2023: Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Auswirkungen des radikalen Islam auf jüdisches Leben in Deutschland (ArenDt)“ (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
04/2018 bis 06/2019: Wissenschaftliche Hilfskraft mit Bachelor-Abschluss im Bereich Kommunikations- und Medienwissenschaften (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Seit 05/ 2020: Promotion an der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Betreut von Prof. Dr. Heiko Beyer und Prof Dr. Gert Pickel (Universität Leipzig))
10/2017 bis 02/2020: Masterstudium der Sozialwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
10/2013 bis 04/2017: Bachelorstudium der Sozialwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Herrberg, N. & Reddig, M., 2024: Missachtungserfahrungen und Anerkennungsforderungen unter Jüdinnen und Juden in Deutschland. Zeitschrift für Soziologie. doi.org/10.1515/zfsoz-2024-2028
Beyer, H., Herrberg, N., Reddig, M. & Goldkuhle, B., 2024: In Hiding? Multifaceted reactions of German Jews to the threat of antisemitism. Journal of Ethnic and Migration Studies. doi.org/10.1080/1369183X.2024.2417971
Beyer, H, Goldkuhle, B, Herrberg, N. & Reddig, M., 2024: „Importierter Antisemitismus"? Differenzierende Wahrnehmungen in Deutschland lebender Jüdinnen und Juden zum politisch-islamischen Antisemitismus als Problem und Debatte. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik. doi.org/10.1007/s41682-024-00176-5
Beyer, H. & Herrberg, N., 2023. The revelations of Q. Dissemination and resonance of the QAnon conspiracy theory among US Evangelical Christians and the role of the Covid-19 crisis. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik. doi.org/10.1007/s41682-023-00147-2
Herrberg, N., 2021. Durch Gott legitimiert, das „Reich“ zu befreien: Religiöse Semantiken in der Reichsbürgerszene. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik. doi.org/10.1007/s41682-021-00072-2
Understanding Antisemitism among Jews living in Germany – before and after October 7. Konferenz “Assessing Contemporary Antisemitism: Patterns and Dynamics of a Civilizational Threat". 06.11.2024. Herzliya, Israel.
Der Umgang Betroffener mit Hass und Gewalt. Workshop von CoRE-NRW. 30.09.2024. digital. (mit Bjarne Goldkuhle)
Understanding antisemitism and its relation to racism – The perspective of German Jews. Konferenz der European Sociological Association. 27.08 – 30.08.2024. Porto, Portugal.
Exploring the manosphere's discourse on prostitution: Unraveling masculine self-perceptions Konferenz der European Sociological Association. 27.08 – 30.08.2024. Porto, Portugal. (mit Carina Schulz)
Muslimischer Antisemitismus in Interaktionssituationen: Das Erleben von Jüdinnen und Juden. Interdisziplinäre Fachtagung 2024 „Ursachen und Wirkungen von Islamismus in Deutschland und Europa“ des RADIS-Netzwerks. 22.02.2024. Bielefeld. (mit Melanie Reddig)
Not all Muslims: Die Perspektiven von Jüdinnen & Juden auf politisch-islamischen Antisemitismus und die Bedeutung von „Radikalität“. RADIS-Ringvorlesung. 13.12.2023. Erlangen. (mit Bjarne Goldkuhle)
Die Positionierungen von Jüdinnen & Juden in aktuellen Deutungskämpfen um Antisemitismus. Abschlusskonferenz des ArenDt-Projekts. 30.11.2023. digital.
Not all Muslims: Die Perspektiven von Jüdinnen & Juden auf politisch-islamischen Antisemitismus und die Bedeutung von „Radikalität“. RADIS-Ringvorlesung. 01.11.2023. Leipzig. (mit Bjarne Goldkuhle)
Rechtswissen und -deutungen in der Querdenkenbewegung: Eine Explorationen von Agency-Attributionen in Krisenzeiten. Zugänge zum Recht – zugängliche Rechte? Fünfter Kongress der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen. 21.09 – 23.09.2023. Innsbruck.
Uncertainty in the life of German Jews. General Conference of the European Consortium for Sociological Research 2023. 18.09 – 20.09.2023, Prag. (mit Bjarne Goldkuhle)
The German “Querdenken” movement and its Framing of Law and Justice: An Analysis of self-ascribed expertise on Telegram. General Conference of the European Consortium for Political Research. 04.09. – 08.09.2023. Prag (mit Marcel Müke & Stephan Soblik)
Ad-Hoc Gruppe „Aus Worten folgen Taten“. Ursachen und Erscheinungsformen antisemitischer Gewalt in Zeiten sozialer Krisen. Kongress der österreichischen Gesellschaft für Soziologie. 03.07 – 05.07.2023. Wien. (Mitorganisation)
Missachtungserfahrungen und Anerkennungsforderungen von Jüdinnen und Juden in Deutschland. Kongress der österreichischen Gesellschaft für Soziologie. 03.07 – 05.07.2023. Wien.
Rechtswissen und -deutungen in der Querdenkenbewegung: Eine Explorationen von Agency-Attributionen in Krisenzeiten. Kongress der österreichischen Gesellschaft für Soziologie. 03.07 – 05.07.2023. Wien. (mit Marcel Müke & Stephan Soblik)
Jüdische Perspektiven auf die gesellschaftliche Kontroverse um ‚importierten Antisemitismus‘. RADIS-Jahreskonferenz 2023. 13.02. – 15.02.2023, Bielefeld. (mit Melanie Reddig)
‚Verqueres‘ Recht? – Über Strafdeutungen der Querdenken-Bewegung. 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. 26.09. – 30.09.2022, Bielefeld. (mit Marcel Müke)
In Hiding? The displacement of German Jews from digital and analog spaces. Annual Meeting of the American Sociological Association. 05.08. - 09.08.2022, Los Angeles. (mit Bjarne Goldkuhle)
Workshop: Rechtsextremismus als Herausforderung für die Soziologie. Arbeitskreis Sociology of the far right, 30.09.2021, digital. (Mitorganisation)
Conspiracy Myths, Antisemitism and Racism among the German Reichsbürger-Scene: Conceptualizing the Reichsbürger-worldview as an attribution of agency. Conference of the European Sociological Association, 31.08. - 03.09.2021, digital.
Die Offenbarungen des Q: Zur Verbreitung und ideologischen Anschlussfähigkeit der QAnon-Verschwörungstheorie bei US-amerikanischen Evangelikalen. Gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie. 23.08. - 25.08.2021, digital. (mit Heiko Beyer)
Von Gott berufen, um das „Reich“ zu befreien: Religiöse Motive als legitimierende Zuschreibungen in der Reichsbürger-Szene. 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. 14.09 - 24.09.2020, digital.
Vertiefungsseminar: Reichsbürger – Ein Podcastseminar (Wintersemester 2024/2025 gemeinsam mit Jens Helfer-Fleischhauer)
Vertiefungsseminar: Prostitution und Männlichkeit (Wintersemester 2024/2025 gemeinsam mit Carina Schulz)
Aufbauseminar: Incels im Zeitalter der Männlichkeitskrise (Wintersemester 2023/2024 gemeinsam mit Melanie Reddig)
Vertiefungsseminar: Gesellschaftliche Deutungskämpfe in Zeiten multipler Legitimationskrisen (Sommersemester 2024)
Aufbauseminar: Incels im Zeitalter der Männlichkeitskrise (Wintersemester 2023/2024 gemeinsam mit Melanie Reddig)
Lehrforschungsprojekt: Theoretische Konzepte und empirische Anwendungen zur Erforschung von Antisemitismus und Verschwörungstheorien (Wintersemester 2023/ 2024 & Sommersemester 2024 gemeinsam mit Heiko Beyer)
Vertiefungsseminar: Antisemitismus in sozialen Bewegungen (Wintersemester 2022/2023)
Aufbauseminar: Rechtsextremismus – Eine Einführung in Theorie und Bewegung (Sommersemester 2022 gemeinsam mit Lisa Hönes)
Vertiefungsseminar: Qualitative Ansätze der Sozialforschung im Vergleich ( Wintersemester 2021/2022)
Vertiefungsseminar: Einführung in die kritische Theorie (Sommersemester 2021)
Übung: Einführung in die soziologische Theorie II (Wintersemester 2020/2021)
Vertiefungsseminar: Eine soziologische Betrachtung von Verschwörungstheorien (Sommersemester 2020)
Übung: Einführung in die soziologische Theorie II ( Sommersemester 2020)
Übung: Einführung in die soziologische Theorie I (Wintersemester 2019/2020)
Antisemitismus von allen Seiten: Perspektiven von Betroffenen auf die Bedrohungslage in Deutschland. Podcast des Kompetenznetzwerk Islamistischer Extremismus. 11.05.2023.
- Antisemitismus
- Verschwörungstheorien
- Rechtsextremismus (insbesondere die Reichsbürger-Szene)
- Qualitative Methoden
Antisemitismus in Alltag und Öffentlichkeit
Das Erleben und Ausdeuten von Antisemitismus unter Jüdinnen:Juden in Deutschland
Ich gehe in meinem Promotionsvorhaben der Frage nach wie Jüdinnen:Juden Antisemitismus in Deutschland erleben und deuten sowie welche normative Forderungen aus dem ausgedeuteten Erleben entspringen. Als theoretischen Rahmen verwende ich hierzu eine phänomenologisch orientierte Wissenssoziologie, bei der ich insbesondere an die Arbeiten Alfred Schütz anknüpfe. Zudem beziehe ich mich auf Überlegungen Axel Honneths zu Kämpfen um Anerkennung, um normative Forderungen von Jüdinnen:Juden zu adressieren. Die empirische Analyse ist stark explorativ ausgerichtet und hat zum Ziel die Perspektivenvielfalt von Jüdinnen:Juden systematisch zu erschließen und aus genuin (wissens-)soziologischer Perspektive zu theoretisieren. Ich greife hierzu einerseits auf 21 problemzentrierte Interviews zurück, die ich mit Jüdinnen:Juden geführt, habe sowie auf eine Erhebung öffentlicher Stellungen von jüdischen Institutionen und Einzelpersonen zu Antisemitismus, mit denen ich die Positionierungen von Jüdinnen:Juden in gegenwärtig zentralen Deutungskämpfen um Antisemitismus adressiere. Die Erhebung und Analyse fand auf beiden Ebenen in Anlehnung an die Grounded Theory Methodologie statt, wobei ich zudem auf sequenzanalytische Feininterpretationen von Schlüsselpassagen zurückgegriffen habe.
Das Erleben von Antisemitismus in alltäglichen Interaktionssituationen lässt sich anhand dreier Begrenzungen verstehen. Erstens ist ersichtlich, dass im Vorfeld der Konfrontation die Antizipation von Antisemitismus begrenzt ist. Zwar gibt es alltagstaugliche Erkennungsschemata, etwa bei antiisraelischen Demonstrationen oder Social-Media-Kommentarspalten, allerdings sind die Interviewpartner:innen zugleich auch mit Antisemitismus in Situationen konfrontiert, in denen sie es »eigentlich nicht erwartet haben«. Das plötzliche und unerwartete Kippen von Interaktionssituationen führt zu einem Alltag, in dem Antisemitismus untergründig stetiger Begleiter ist. Im Zuge der Antisemitismuskonfrontation erleben Jüdinnen:Juden wiederum, dass ihre eigenen Relevanzsetzungen begrenzt sind, da sie durch äußeren Druck suspendiert werden müssen. Gerade die ko-präsente und persönlich adressierte Konfrontation erzwingt handlungspraktische Aufmerksamkeit. Im Fortgang der Antisemitismuskonfrontation kann sich wiederum die eigene Handlungsfähigkeit als begrenzt erweisen. Jüdinnen:Juden gelingt nicht immer eine unproblematische Aufrechterhaltung eigener Handlungsfähigkeit, vielmehr kann schnell ein Kampf um deren Wiedererlangung notwendig werden oder es kommt zum Verlust eigener Handlungsfähigkeit, sodass Erleben zum Erleiden wird.
In meinem zweiten Analyseschwerpunkt setze ich mich mit den Ausdeutungen von Antisemitismus und seinen gesellschaftlichen Hintergründen auseinander. Es lassen sich hier drei zentrale Positionierungen herausarbeiten, die von Jüdinnen:Juden sowohl auf Ebene der Interviews als auch auf Ebene der öffentlicher Statements eingenommen werden. Erstens wird einhellig problematisiert, dass die nicht-jüdische deutsche Gesellschaft Antisemitismus zu oft nicht oder nur äußerst defizitär erkennt und versteht. Keine Einigkeit herrscht allerdings in der Hinsicht, was ein angemessenes Antisemitismusverständnis im Detail ausmacht. Zweitens sprechen Jüdinnen:Juden sich dafür aus, dass Antisemitismus als ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt, das Jüdinnen:Juden aus allen Teilen der Gesellschaft entgegenschlagen kann. Hier sind wiederum unterschiedliche Positionen hinsichtlich der Frage zu erkenne, von welchen Täter:innengruppen gegenwärtig die größte Gefahr ausgeht. Drittens betonen Jüdinnen:Juden die Notwendigkeit handlungspraktischer Solidarität und kritisieren, dass diese zu oft ausbleibt. Gerade in den Interviews zeigt sich allerdings, dass die Bewertungen des Umgangs der deutschen Gesellschaft mit Antisemitismus variieren, neben der Kritik, dass Worte zu selten in Taten übersetzt werden, zeichnen andere Interviewpartner:innen im Vergleich zu anderen Ländern ein positives Bild des Umgangs mit Antisemitismus in Deutschland.
Abschließend rekonstruiere ich normative Forderungen, die Jüdinnen:Juden an die nicht-jüdische deutsche Gesellschaft adressieren. Mit George H. Mead und Axel Honneth lassen sich diese auch als Idealisierungen begreifen, die einer realen Gesellschaft entgegengehalten werden, in welcher man bedroht und in seiner Freiheit eingeschränkt wird. Auf Ebene der Interviews lässt sich dies durch das Begriffspaar Missachtung und Anerkennung interpretieren. Verschiedene Missachtungserfahrungen können Ausgangspunkt jeweils korrespondierender Anerkennungskämpfe darstellen: Normative Verhaltenserwartungen an (nicht-jüdische) andere werden erstens hinsichtlich der Anerkennung als gleichwertige Menschen, zweitens bezüglich Anerkennung als gleichwertige Rechtssubjekte, drittens der Anerkennung kollektiver jüdischer Identitäten sowie viertens in Hinsicht auf Anerkennung der individuellen Ich-Identität verletzt. Auf Ebene öffentlicher Positionierungen kann bezüglich normativer Forderungen vor allem eine immanente Kritik angetroffen werden: Das postnationalsozialistische Selbstbild der deutschen Gesellschaft entspricht keinesfalls der Realität des postnationalsozialistischen Deutschlands. Eine bewusste und kompromisslose Auseinandersetzung und Bekämpfung von Antisemitismus bliebt zu oft ein unterrichtetes Ideal. Die deutsche Gesellschaft kommt ihrer (selbstgestellten) normativen Verantwortung nicht nach. Dementsprechend richtet sich ein prospektiver Appell an die derzeitige deutsche Gesellschaft dem eigenen antiantisemitischen Selbstbild entsprechend Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus zu übernehmen.