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Kommunikation in politischen Milieus

Stabilität und Legitimität von Demokratien hängen von der Partizipation der Bürgerschaft ab. Ob und wie Gesellschaftsmitglieder ihre Staatsbürgerrolle wahrnehmen, wird von einer Reihe von Faktoren bestimmt. Politikwissenschaft und politische Soziologie untersuchen, wie sich soziale Lagen und historische Erfahrungen in politische Präferenzen übersetzen. Sie erforschen auch welche Bedeutung dabei das „soziale Kapital“ aus der Einbindung in Gemeinschaften hat. Die Kommunikationswissenschaft untersucht die Rolle des Mediengebrauchs und damit auch der medialen Darstellung von Politik auf politisches Wissen, politische Einstellungen und Handlungen. Sie geht dabei gleichfalls der Bedeutung von Netzwerken personaler Kommunikation, dem Einfluss individueller Handlungsressourcen sowie lebensweltlicher Orientierungen wie insbesondere Werten nach, die den Kontext für die Aneignung medialer Politikdarstellungen bilden.

Politikwissenschaft einerseits und Kommunikationswissenschaft andererseits bearbeiten benachbarte und zum Teil sich überschneidende Problemstellungen, ohne sich der Erkenntnisse und des Differenzierungsvermögens der jeweils anderen Disziplin zu vergewissern. Darin läge aber ein Gewinn. Arbeiten zu diesem Forschungsthema wollen daher zu einem Brückenschlag beitragen. Dabei stellen sich mehrere Aufgaben:

  • Die disziplinübergreifende Diskussion der Literatur bilanziert den Stand der Kenntnisse und skizziert auf dieser Grundlage ein integratives Konzept für die Analyse des Zusammenhangs von Lebenslage, Lebensorientierungen, Kommunikationsformen und politischen Vorstellungen und Handlungsweisen.

  • Empirische Analysen erkunden die Konfiguration von Milieuzugehörigkeit, Formen (medialer) politischer Kommunikation und Mustern politischer Partizipation (bzw. politischer Entfremdung). Auf diese Weise wird ein Tableau politischer Milieus gezeichnet, das ein valides Porträt der politischen Segmentierung der Gesellschaft liefert. Dieses Tableau kann zeigen, aus welchen sozialen Erfahrungsräumen politische Milieus erwachsen und wie die Medienrepertoires und kommunikativen Routinen beschaffen sind, vermittels derer sie sich reproduzieren.

  • Vertiefende Analysen mit sinnrekonstruierenden Verfahren bringen zum Vorschein, inwiefern politische Outputbewertungen und politische Systemvorstellungen eine subjektiv sinnvolle Antwort auf lebensweltliche Erfahrungen bilden, nach welchen Regeln sich also soziale Lagen in einen politischen „Habitus“ übersetzen; darüber hinaus decken sie auf, wie die individuelle Medienumwelt für die kommunikative Reproduktion der Weltdeutung dieses Habitus genutzt wird.

Publikationen:

Kösters, R., Obert, P., Begenat, M. & Jandura, O. (2019). In der Krise vereint? Milieuspezifische Perspektiven auf die Flüchtlingskrise. Studies in Communication Sciences (SComS), o. Jg. (1), S. 105-129.

Weiß, R., Jandura, O. & Kösters, R. (2019). Aufklärung neben Barbarei. Die Ambivalenzen öffentlicher Kommunikation in heterogenen Gesellschaften. In: M. Eisenegger, L. Udris & P. Ettinger (Hrsg.), Wandel der Öffentlichkeit – Wandel der Gesellschaft. Gedenkschrift für Kurt Imhof. Wiesbaden: Springer VS. S. 301-325. doi.org

Kösters, R. & Jandura, O. (2019). A Stratified and Segmented Citizenry? Identification of Political Milieus and Conditions for their Communicative Integration, Javnost - The Public, 26:1, 33-53, doi.org

Kösters, R. & Jandura, O. (2018). Politische Kommunikation in heterogenen Lebenswelten. Kommunikationspraxis in politischen Milieus und Bedingungen ihrer Integration. Studies in Communication and Media (SCM), 7 (2), S. 129-185.

Weiß, R. & Jandura, O. (2017). Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Welche Leistungen öffentlicher Kommunikation braucht eine demokratische Gesellschaft? In: Jandura, O., Wendelin, M., Adolf, M. & Wimmer, J. (Hrsg.). Zwischen Integration und Diversifikation. Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt im digitalen Zeitalter. Wiesbaden: Springer, S. 11-31.

Haschke, J. F. (2017). Von der Lügenpresse und den Volksverrätern Medien als Intermediäre für Vertrauens- und Misstrauensurteile gegenüber Politikern. In O. Jandura, M. Wendelin, M. Adolf, & J. Wimmer (Hrsg.), Zwischen Integration und Diversifikation. Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt im digitalen Zeitalter (S. 207–228). Wiesbaden: Springer VS.

Begenat, M. (2017). Im Horizont aller? Zur Fragmentierung politischer Kommunikation entlang politischer Milieus. In O. Jandura, M. Wendelin, M. Adolf, & J. Wimmer (Hrsg.), Zwischen Integration und Diversifikation. Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt im digitalen Zeitalter (S. 189–206). Wiesbaden: Springer VS.

Jandura, O., Kösters, R. & Wilms, L. (2016). Mediales Repräsentationsgefühl in der Bevölkerung. Analyse nach politisch-kommunikativen Milieus. Media Perspektiven 3/2018, S. 118-127.

Haschke, J. (2016). Politische Vertrauenskrise? Die kommunikative Konstruktion von Politikervertrauen im lebensweltlichen Kontext. Wiesbaden: Springer VS.

Begenat, M. (2015). Öffentlichkeit für alle? Themen und Informationsrepertoires in politischen Milieus. Wiesbaden: Springer VS.

Mahrt, M. & Begenat, M. (2013). Von Lebenswelten und ihren Horizonten: Mediennutzung und Themenwahrnehmung in politischen Milieus. Medien & Kommunikationswissenschaft, 61(1), 21-37.

Weiß, R. (2013). Segmentierung politischer Kommunikation in Milieus. In K. Imhof, R. Blum, H. Bonfadelli & O. Jarren (Hrsg.), Stratifizierte und segmentierte Öffentlichkeit (S. 205–217). Wiesbaden: Springer VS.

Weiß, R. (2010). "Typisch!" - Mediennutzung im Alltag. Die Mediennutzertypologie als Instrument der Gesellschaftsdiagnose. In E. Oehmichen (Hrsg.), Die neue MedienNutzerTypologie 2.0 (S. 57–73). Baden-Baden: Nomos.

Weiß, R. (2009). Politisch-kommunikative Milieus. Medien und Kommunikationswissenschaft, 57 (1), 1–22.

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