Abgeschlossene Projekte
DFG-Projekt: Wahrnehmung der öffentlichen Meinung
Der Einzelne und die Öffentlichkeit. Die Wahrnehmung öffentlicher Meinung in Online-Öffentlichkeiten und ihre Folgen für die Artikulationsbereitschaft.
Teilprojekt der DFG-Forschergruppe 1381 "Politische Kommunikation in der Online-Welt" (www.fgpk.de). Laufzeit: 2011-2017.
Projektleiterin: Prof. Dr. Christiane Eilders
Projektmitarbeiter: Pablo Porten-Cheé, M.A.
Das Projekt nimmt die Folgen des Medienwandels für den Wandel der politischen Kommunikation in den Blick. In zwei Phasen wird untersucht, wie die Nutzung von Online-Medien die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung beeinflusst und wie sich dies auf das Diskursverhalten der Menschen auswirkt. Ziel ist es, die Folgen einer durch die Online-Kommunikation fragmentierten Öffentlichkeit für die Beteiligung am politischen Diskurs zu untersuchen und damit Mikro- und Makroebene zu verbinden. Theoretische Grundlagen sind auf Makroebene das Forumsmodell von Öffentlichkeit und auf Mikroebene die Theorie der Schweigespirale.
1. Phase (August 2011 - Juli 2014)
Fragestellung
In der ersten Phase wird untersucht, inwieweit eine mögliche Erweiterung des Medienrepertoires der einzelnen Publikumsmitglieder um vornehmlich nutzergenerierte Angebote, die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung und die Artikulationsbereitschaft beeinflusst. Grundannahme ist, dass das Bild öffentlicher Meinung durch die individuelle Mediennutzung bestimmt ist. Da die individuellen Nutzungsmuster durch das größere und vielfältigere Angebot stark auseinanderfallen können, wird gefragt, ob sich somit je unterschiedliche Vorstellungen über die öffentliche Meinung ergeben. Ferner wird gefragt, ob sich Personen, die vornehmlich nutzergenerierte Online-Angebote nutzen, auch in ihrer Artikulationsbereitschaft von Personen mit überwiegender Nutzung von Massenmedien unterscheiden. Die Artikulationsbereitschaft wird getrennt für die verschiedenen offline- und online-spezifische Bedingungen untersucht.
Methode
Die Fragestellung wurde in zwei methodisch identischen Querschnittstudien untersucht. Die erste Studie fand im Kontext der Umweltkonferenz „Rio+20“ im Juni 2012, die zweite Studie im Kontext der Bundestagswahl im September 2013 statt. Via Online-Screenings wurden Stichproben von politisch interessierten Mediennutzern gezogen (Studie 1 = 444, Studie 2 = 201). Die Studien kombinierten Online-Tagebücher zur Mediennutzung, Befragung und Inhaltsanalyse. Die Befragten dokumentierten ihre klimabezogene bzw. wahlbezogene Mediennutzung (offline und online) in Online-Tagebüchern. Die individuell genutzten Medienbeiträge wurden recherchiert und einer quantitativen Inhaltsanalyse unterzogen (Studie 1 und 2 jeweils über 1000 Medienbeiträge). Die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung und die Artikulationsbereitschaft zu den Themen Klimawandel bzw. Bundestagswahl wurden in einer Online-Befragung erhoben. Anonyme und niederschwellige Online-Kommunikation via Facebook-„like-button“ wurden dabei als Szenarien der Artikulation berücksichtigt. Durch die Verknüpfung von Tagebuchdaten, Befragungs- und Inhaltsanalysedaten konnten die individuelle Mediennutzung, die Wahrnehmung öffentlicher Meinung und die Artikulationsbereitschaft in Beziehung gesetzt werden.
Befunde
In Bezug auf den Klimawandel liegen die Befunde vollständig vor. Menschen, die nicht-journalistische Online-Medien präferieren, waren mit weniger unterschiedlichen Meinungen zum Klimawandel konfrontiert als Nutzer, die Massenmedien präferieren. Gleichwohl zeigte sich kein Einfluss der Mediennutzungspräferenz auf die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung. Ferner führte die Dissonanz zwischen eigener und wahrgenommener öffentlicher Meinung entgegen der Annahmen nicht zum Schweigen – unabhängig vom Setting (face-to-face-, Klarname anzugeben, anonym, Facebook-„like button“). Meinungsdissonanz stimulierte sogar die Redebereitschaft. Die Artikulationsbereitschaft fiel dabei in den anonymen und niederschwelligen Settings höher aus als unter Präsenzbedingungen. In Bezug auf die Bundestagswahl werden die Befunde wegen der noch ausstehenden Inhaltsanalysen vollständig erst im Herbst 2014 vorliegen.
2. Phase (August 2014 - Juli 2017)
Fragestellung
In der zweiten Phase nimmt das Projekt die in der Online-Welt weit verbreiteten Empfehlungen (likes) und Weiterleitungen (shares) einzelner Angebote sowie die Nutzerkommentare (comments) zu diesen Angeboten als Popularitätshinweise (PHe) in den Blick. Die Fallbeispielforschung und der Ansatz der Publikumsvorstellungen legen nahe, dass PHe für die mediale Umweltbeobachtung der Rezipienten zusätzliche und leicht erfassbare Informationen bereitstellen. PHe wären damit für die Wahrnehmung öffentlicher Meinung besonders relevant. Das Projekt untersucht, inwiefern sich PHe in massenmedialen und nutzergenerierten Online-Angeboten auf die Wahrnehmung öffentlicher Meinung, die Artikulationsbereitschaft und auch auf die Einstellungen der Nutzer auswirken.
Methode
Mit Blick auf den kulturell unterschiedlichen Stellenwert der öffentlichen Meinung (Kollektivismus vs. Individualismus) wird die Wirkung der PHe in einem experimentellen Design vergleichend in Deutschland und Südkorea überprüft. Die südkoreanische Vergleichsstudie wird von der Kooperationspartnerin Prof. Dr. Eun-Ju Lee (Seoul National University) geleitet. Als Stimuli werden Online-Beiträge mit Kombinationen von drei Arten von PHen (likes, shares, comments) für vier Themen erstellt. Als abhängige Variablen werden die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung und die Artikulationsbereitschaft sowie themenbezogene Einstellungen erfasst. Wegen der verschiedenen Arten von PHen und der vier Themen in zwei Ländern sind Experimentalreihen mit insgesamt 2160 Personen vorgesehen.
Hypothesen und Ausblick
Es wird angenommen, dass die mit PHen markierten Beiträge die Wahrnehmung der öffentlichen Meinung in die Richtung der likes und shares beeinflussen. In Bezug auf die comments ist zu fragen, wie die Wahrnehmung öffentlicher Meinung durch übereinstimmende bzw. durch kontroverse Meinungen in den Kommentaren beeinflusst wird und welche Rolle die Übereinstimmung oder die Dissonanz der Kommentare mit der im Beitrag zum Ausdruck kommenden Meinung dabei spielt. Die Artikulationsbereitschaft dürfte entlang der Annahmen der Theorie der Schweigespirale je nach dem Verhältnis zwischen wahrgenommener öffentlicher Meinung und eigener Meinung variieren. Für Südkorea werden wegen der stärker kollektivistisch orientierten Kultur stärkere Zusammenhänge als für Deutschland erwartet. Nach einem Pretest der Instrumente und Stimuli im Frühjahr 2015 sind die Experimentalreihen für Spätsommer 2015 vorgesehen.
Publikationen
- Eilders, C. & Porten-Cheé, P. (2016). Spiral of silence revisited. In: G. Vowe & P. Henn (Hrsg.): Political communication in the online world: Theoretical approaches and research designs (pp. 88-102). New York: Routledge.
- Bernhard, U., Porten-Cheé, P., & Schultze, M. (2016). Survey research online. In: G. Vowe & P. Henn (Hrsg.): Political communication in the online world: Theoretical approaches and research designs (pp. 218-232). New York: Routledge.
- Porten-Cheé, P. & Eilders, C. (2015). Spiral of silence online: How online communication affects opinion climate perception and opinion expression regarding the climate change debate. Studies in Communication Sciences, 15(1), 143-150. >zum Volltext
- Eilders, C. & Porten-Cheé, P. (2014). Die Schweigespirale unter Bedingungen von Online-Kommunikation: Eine Untersuchung im Kontext der Bundestagswahl 2013. In: C. Holtz-Bacha (Hrsg.): Die Massenmedien im Wahlkampf: Die Bundestagswahl 2013 (S. 293-316). Wiesbaden: Springer VS.
Vorträge
- Porten-Cheé, P. & Eilders, C. (2017, angenommen). The power of "many likes". Online popularity cues' effects on personal opinion and public opinion perception. International Communication Association Annual Conference, 25.-29. Mai, San Diego.
- Dohle, M., Eilders, C., Kelm, O., & Porten-Cheé, P. (2017). How perceptual processes affect individuals' political communication activities: Results of a research program. Preconference: "Political Communication in the Online World". International Communication Association Annual Conference, 25.-29. Mai, San Diego.
- Porten-Cheé, P. & Eilders, C. (2016). The sense of the visible others: Effects of online popularity cues on public opinion perception and personal opinion formation. European Communication Conference of the European Communication Research and Education Association, 9.-12. November, Prague.
- Eilders, C. & Porten-Cheé, P. (2016). Effects of popularity cues on public opinion perception: Theoretical approach and findings of an online diary study on climate change. International Communication Association Annual Conference, 9.-13. Juni, Fukuoka.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2015). The paradox of online communication and audience fragmentation. Evidence from two online diary studies in Germany. Conference of the Political Communication Section of the European Communication Research and Education Association, 27.-28. August, Odense.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2014). Das Paradox der Online-Kommunikation. Publikumsfragmentierung unter Bedingungen von Angebotsvielfalt. Jahrestagung der Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, 9.-11. Oktober, Düsseldorf.
- Eilders, C. & Porten-Cheé, P. (2014). The spiral of silence under online conditions: Individual media repertoires and their effects on public opinion perception and willingness to speak out. Digital Disruption to Journalism and Mass Commnucation Theory Conference, 2.-3. Oktober, Brüssel.
- Eilders, C. & Porten-Cheé, P. (2014). Perception of Public Opinion and Willingness to Speak Out in Fragmented Audiences. International Communication Association Annual Conference, 22.-26. Mai, Seattle.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2013). Scanning public opinion through the media. Effects of differential media use on the perception of public opinion. International Association for Media and Communication Research 2013 Conference, 25.-29. Juni, Dublin.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2013). Beyond the Mass Media: Fragmentation in Non-journalistic Online Media Content on Climate Change. International Communication Association Annual Conference, 17.-21. Juni, London.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2013). Der Einfluss von nicht-journalistischen Online-Inhalten auf die Artikulationsbereitschaft zum Thema Klimawandel. Erste Befunde einer Mehrmethodenstudie auf Individualdatenniveau. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, 08.-10. Mai, Mainz.
- Eilders, C., & Porten-Cheé, P. (2012). Public Spheres in Social Media. European Communication Conference of the European Communication Research and Education Association, 24.-27. Oktober, Istanbul.
- Porten-Cheé, P., & Eilders, C. (2012). Die Schweigespirale in der Online-Kommunikation. Modell und methodische Konsequenzen. Gemeinsamer Workshop des DFG-SPP 1505 „Mediatisierte Welten“ und der DFG-FG 1381 „Politische Kommunikation in der Online-Welt“, 05. Juli, Düsseldorf.
- Eilders, C., & Porten-Cheé, P. (2012). The sense of the imaginary others. Theoretical and conceptual considerations on online users’s perception of public opinion. Preconference: "Political Communication in the Online World: Innovation in Theory and Research Designs". International Communication Association Annual Conference, 23. Mai, Phoenix.
- Eilders, C., & Porten-Cheé, P. (2012). Der Einzelne und die Öffentlichkeit. Die Wahrnehmung öffentlicher Meinung in Online-Öffentlichkeiten und ihre Folgen auf die Artikulationsbereitschaft. 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, 16.-18. Mai, Berlin.
Politik und Unterhaltung
Prof. Dr. Christiane Eilders
Dr. Cordula Nitsch
Kerngedanke des Projekts ist, dass Politikvorstellungen nicht ausschließlich in politischen Informationsformaten vermittelt werden. Vielmehr weist die zunehmende Unterhaltungsorientierung von Politikvermittlung einerseits und die Thematisierung von politischen Inhalten in Unterhaltungsformaten darauf hin, dass die Unterhaltung ein wirksames Vehikel für die Vermittlung von politikbezogenen Realitätsvorstellungen darstellt.
Das Projekt untersucht daher zunächst inhaltsanalytisch medienvermittelte Politikbilder in verschiedenen Genres und Medien. Mit Blick auf mögliche Wirkungen werden Hypothesen über die Effekte beim Publikum - in Abhängigkeit von weiteren Einflussfaktoren - generiert, die dann in einer Reihe von Experimenten und Befragungsstudien überprüft werden. Diese unterschiedlichen Kleinprojekte stellen Vorstudien für eine umfassender angelegte empirische Studie zur Kultivierung dar. Dabei handelt es sich um Untersuchungen zur Darstellung von Politik im Umfeld der Bundestageswahlen in der "Lindenstraße", zum Politikbild in "The West Wing" und "Kanzleramt" und zur Erarbeitung einer Systematisierung von Politik in fiktionalen Film- und Fernsehangeboten.
Außerdem werden die Wirkungen der dort vermittelten Botschaften auf die Weltbilder, Einstellungen und das Verhalten des Publikums untersucht. So z.B. durch die Rezeption von unterschiedlich politikhaltigen Episoden der "Lindenstraße" (gemeinsam mit Prof. Dr. Carsten Wünsch) oder zu positiven und negativen Politikerfilmen (Dr. Cordula Nitsch und Prof. Dr. Carsten Wünsch).
Die Befunde aus den unterschiedlichen Vorstudien fließen in einen entsprechenden Projektantrag ein.
Eilders, Christiane & Nitsch, Cordula (2010): „Du glaubst auch alles, was die Dir vor der Wahl noch so verzapfen…” Die Bundestagswahlen 1987 bis 2005 in der “Lindenstraße”. In Klaus-Dieter Felsmann (Hrsg.): Die Bedeutung der Unterhaltungsmedien für die Konstruktion des Politikbildes (S. 137-147). München: kopaed Verlag.
Wünsch, Carsten, Nitsch, Cordula & Eilders, Christiane (2012): Politische Kultivierung am Vorabend. Ein prolonged-exposure-Experiment zur Wirkung der Fernsehserie "Lindenstraße". Medien und Kommunikationswissenschaft, 60(2), 176-196.
Eilders, Christiane & Nitsch, Cordula (2014): Politikvermittlung zwischen "Traumschiff" und "The West Wing". Ein Vorschlag zur Systematisierung von Serien im deutschen Fernsehen. In Marco Dohle & Gerhard Vowe (Hrsg.): Politische Unterhaltung - Unterhaltende Politik. Forschung zu Medieninhalten, Medienrezeption und Medienwirkungen (S. 138-162). Köln: Herbert von Halem.
Politik im öffentlichen Raum
Dr. Cordula Nitsch
Prof. Dr. Carsten Wünsch
Das Projekt befasst sich mit politischen Informationen im öffentlichen Raum. In einem ersten Schritt wurde untersucht, mit welchen politischen Informationen Menschen im öffentlichen Raum in Kontakt kommen. Mittels Begehungen (zu Fuß, mit dem ÖPNV und mit dem PKW) wurden hier die politischen Informationen in vier deutschen Großstädten erhoben und zusätzlich an einem Stichtag eine Vollerhebung der politischen Informationen an den jeweiligen Hauptbahnhöfen durchgeführt. Die Hauptbahnhöfe zeichnen sich durch das Vorhandensein der neuen, aufstrebenden Digital-Signage Medien aus (z.B. Infoscreens und Out-of-Home-Channel).
In einem zweiten Schritt wird die Wirkung von politischen Informationen im öffentlichen Raum untersucht. Der Fokus liegt dabei auf Agenda-Setting- und Priming-Effekten durch Digital Signage Medien. Digital Signage bietet ein gemischtes Programm aus redaktionellen Inhalten und Werbung. 2011 waren in Deutschland ca. 90.000 Bildschirme an 8.000 verschiedenen Standorten installiert. Aufgrund ihrer hohen Reichweite – Digital Signage Medien verzeichneten 2011 ca. 335 Millionen Bruttokontakte pro Woche – und wegen des Anteils redaktioneller politischer (Kurz-)Nachrichten sind die Inhalte dieses Mediums ein relevanter Gegenstand kommunikationswissenschaftlicher Forschung.
Schließlich soll in einem dritten Schritt eine Beobachtung zur Rezeption dieser neuen Medien auf Bahnhöfen durchgeführt.
Nitsch, Cordula & Wünsch, Carsten (2013): Politische Information im öffentlichen Raum. In Barbara Pfetsch, Janine Greyer, & Joachim Trebbe (Hrsg.): MediaPolis – Kommunikation zwischen Boulevard und Parlament. Strukturen, Entwicklungen und Probleme von politischer und zivilgesellschaftlicher Öffentlichkeit (S. 123-141). Konstanz: UVK.
Anschlusskommunikation als Medienwirkung: Einfluss von Relevanz und Qualität genutzter Medieninhalte auf das Gesprächsverhalten
Pablo Porten-Cheé, M.A.
Das Konzept Anschlusskommunikation, hier definiert als an vorherige Medienrezeption anschließende Gespräche, erhielt in den letzten Jahren wachsende Aufmerksamkeit seitens der Kommunikationswissenschaft. Jedoch wurden die Gründe der Anschlusskommunikation bislang unzureichend beleuchtet. Menschen lernen, so die theoretische Argumentation, dass es gesellschaftlich belohnt wird, sich über Relevantes und Richtiges zu unterhalten. Die Dissertation knüpft folglich an Arbeiten zur Wirkung von Relevanzindikatoren (Nachrichtenfaktoren) und Qualitätsindikatoren in Medieninhalten auf Rezipienten an und diskutiert, ob sich diese medialen Faktoren auch auf die Anschlusskommunikation auswirken. Es wird unterstellt, dass sich Rezipienten insbesondere bei sozialen und politischen Themen motiviert sehen sollten, relevanz- und qualitäts-bezogene Medieninhalte in Gespräche einfließen zu lassen. Die Wirkungsannahme wurde in einer empirischen Studie zum Thema Klimawandel im Rahmen des DFG-Projekts „Wahrnehmung öffentlicher Meinung“ unter Leitung von Christiane Eilders untersucht. In Online-Tagebüchern hielten 444 Befragte ihre genutzten (n = 1137) (journalistischen und nicht-journalistischen/online-) Medienbeiträge zum Thema Klimawandel und sich daran anschließende Gespräche (offline und online) fest. Die Beiträge wurden einer quantitativen Inhaltsanalyse unterzogen und mit Befragungsdaten verknüpft. Die Befunde deuten darauf hin, dass Relevanzindikatoren in den Medieninhalten Anschlusskommunikation fördern, Qualitätskriterien jedoch nur in geringem Ausmaß. Verschiedene Randbedingungen variieren die Bedeutung beider medialer Faktoren.
Online-Deliberation
Dennis Frieß, M.A.
Das Konzept der Deliberation hat im Zuge der rasanten Verbreitung des Internets innerhalb der letzten 20 Jahre erhöhte Aufmerksamkeit erfahren. Unter Deliberation wird dabei ein öffentlicher und frei zugänglicher Kommunikationsprozess verstanden, der bestimmten Regeln (u.a. Begründung der eigenen Position, Anerkennung anderer Positionen, Respekt, wechselseitige Bezugnahme) genügen muss. Obgleich das Internet die Infrastruktur für groß angelegte Deliberationsprozesse bereitzuhalten scheint, zeitigen empirische Untersuchungen immer wieder ernüchternde Ergebnisse bezüglich der deliberativen Qualität von Online-Debatten.
Das Projekt untersucht zum einem die Voraussetzungen für erfolgreiche Online-Deliberation und zum anderen die Folgen solcher Deliberationsprozesse. Entsprechend ergibt sich ein Modell das zwischen Voraussetzungen für Deliberation, dem Kommunikationsprozess (Deliberation) und den Ergebnissen von Deliberation unterscheidet. Im Zuge einer Vorstudie wurde dieses Modell auf einer breiten theoretischen und empirischen Grundlage entwickelt und in Teilen getestet. An dem Fallbeispiel einer online entwickelten Promotionsordnung zeigte sich, dass ein in deliberativer Hinsicht optimal gestaltetes Online-Forum (Voraussetzungen), eine Debatte von hoher deliberativer Qualität (Kommunikationsprozess) hervorbrachte und schließlich eine Promotionsordnung von hoher Güte einstimmig verabschiedet wurde (Ergebnisse).
Im weiteren Projektverlauf wird es darum gehen die Wechselwirkungen zwischen institutionellen Design, Kommunikationsprozess und Ergebnissen weiter zu analysieren. Dabei sollen vor allem systematische Vergleiche unterschiedlicher Online-Diskussionen, sowie experimentelle und quasiexperimentelle Designs zum Einsatz kommen.
Celebrity Endorsement bei der Europawahl 2014
Dr. Katja Friedrich
Dr. Cordula Nitsch
Dass sich bekannte Persönlichkeiten aus dem Showbusiness für politische Themen, Parteien oder Kandidaten einsetzen und offen für diese werben, ist ein Trend, der sich nicht nur in den USA sondern auch in Europa immer mehr bemerkbar macht. Erkenntnisse zum Einfluss dieser Celebrity Endorsements stammen bislang allerdings hauptsächlich aus den USA und es ist unklar, inwieweit sich diese auf Länder mit anderen politischen Systemen und Kulturen übertragen lassen.
Dieses Projekt untersucht den Einfluss von Celebrity Endorsement auf politische Vorstellungen, Einstellungen und Verhaltensabsichten im Rahmen der Europawahl 2014. In den zwei Wochen vor der Wahl (Mai 2014) wurde ein Online-Experiment durchgeführt. Das 3x2 faktorielle Design berücksichtigt die Faktoren ‚Politische Expertise des Endorsers‘ (Expertise: U2-Frontmann Bono; keine Expertise: Robbie Williams; unbekannte Person) sowie ‚Art des Endorsements‘ (Wahlaufruf vs. Imagekampagne für die EU). Die Studie wurde in Kooperation mit Kollegen und Kolleginnen aus insgesamt sieben europäischen Ländern durchgeführt (Deutschland, Österreich, Spanien, Großbritannien, Schweden, Polen und Rumänien) und ermöglicht es dadurch, auch länderspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten.
Nationale Konstruktionen Europäischer Identität - DFG-Projekt
Prof. Dr. Christiane Eilders
Dr. Dennis Lichtenstein
Europäische Identität bezieht sich auf das Zusammengehörigkeitsgefühl der europäischen Gesellschaften und ist von hoher Relevanz hinsichtlich der Legitimität und Stabilität der politischen Institutionen der EU. Wie stark europäische Identitätsbekenntnisse im öffentlichen Diskurs artikuliert und mit welchen Inhalten sie begründet werden, ist die leitende Frage des Projekts. Identität wird dabei als soziale Konstruktion verstanden, die in nationalen Kommunikationszusammenhängen diskursiv ausgehandelt wird. Zu vermuten ist, dass der Zusammenhang zwischen Identitätsbekenntnissen und ihrem inhaltlichen Framing national unterschiedlich verläuft und in je unterschiedliche Handlungserwartungen an die EU und nationale Regierungen mündet.
Methodisch wird mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse, die auf dem Framing-Ansatz aufbaut, ein Vergleich der Identitätskonstruktionen in den Medienöffentlichkeiten von sieben ausgewählten Nationen durchgeführt. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre gefördert.
Eine ausführliche Beschreibung des DFG Projektes finden Sie hier.
Politikdarstellung in Late-Night-Shows
Dr. Dennis Lichtenstein
Dr. Cordula Nitsch
Politikvermittlung im Fernsehen findet heute nicht mehr nur über klassische Nachrichtensendungen, sondern zusätzlich vermehrt über unterhaltende Formate statt, die vor allem ein junges Publikum erreichen. So z.B. auch in Late-Night-Shows, deren Selbstverständnis nicht zuerst in der neutralen und politischen Hintergrundberichterstattung und Wissensvermittlung liegt, sondern vor allem in der Unterhaltung ihres Publikums. Das Projekt untersucht, welches Politikbild in Late-Night-Shows vermittelt wird und inwiefern dieses von dem über Nachrichtensendungen vermittelten Bild abweicht. Zu diesem Zweck wurde die Darstellung von Politik in der Harald-Schmidt-Show dem Politikbild der Tagesschau gegenübergestellt.
Nitsch, Cordula & Lichtenstein, Dennis (2013): Politik mal anders: Die Politikdarstellung in "Harald Schmidt" im Kontrast zur "Tagesschau". Publizistik, 58(4), 389-407.